Jesus Skins (interview was not originally made for SkinRead magazine !)

Ich dachte, wie viele andere erst auch, dass das ganze mit Eurer Band ein Spaß ist und wurde eines besseren belehrt. Ihr meint es toternst, aber wie kommt man darauf, als Skinhead christliche Musik zu machen?
Diese Frage (die wir ziemlich oft zu hören kriegen) stellte sich für uns in den Anfangstagen der Band überhaupt nicht. Die Gründungsmitglieder der Band (von denen noch drei übrig sind, unter anderem meine Wenigkeit) waren größtenteils schon Christen, bevor sie Skinheads wurden. Als wir Skinheads wurden stand das für uns nicht im Widerspruch zu unserem Glauben und als wir eine Band machen wollten war Oi! mit christlichen Texten absolut naheliegend.

Wie man Euren Texten entnehmen kann, lehnt Ihr Gewalt nicht ab. Das passt doch nicht ganz zum Christentum oder liege ich da falsch? Und wenn Gewalt mal "gut" war, dann nur wenn man Leib und Leben verteidigen musste.
Auch diese Frage stellt man uns nicht zum ersten mal. Um es kurz zu machen: Wir finden Gewalt nicht besonders toll. Im Gegensatz zu vielen anderen Christen hier im Lande (die die öffentliche Meinung hierzulande über Christen prägen) sind wir aber keine Hippies, Gandhifans oder sonstige fanatische Anhänger absoluter Gewaltlosigkeit. Wir sind weder historisch die ersten Christen, die bereit sind für ihren Glauben einzustehen, noch heutzutage die einzigen. Das wir in unseren Texten teilweise etwas gewaltverherrlichend rüberkommen liegt erstens daran, dass wir eben diese Christenhippies ein bißchen ärgern wollen und zweitens daran, dass wir hoffen damit die erwähnte öffentliche Meinung über Christen ein wenig zu korrigieren.

Ihr kommt ja aus Hamburg. Warum nennt Ihr Euch "Jesus Skins Nazareth"?
Das tun wir eigentlich gar nicht. Das ist irgendwie passiert. Wir wollten halt ein T-Shirt im Lonsdale Style machen (so wie jede andere Band) und da steht unten ja nun mal die Stadt. Die T-Shirts sollten aber nicht nur die Bandshirts sein, sondern gleichzeitig schicke Bekleidung für christliche Skinheads überall, ohne unmittelbaren Bandbezug. Dass die Leute dann gleichzeitig unsere Band bewerben nahmen wir in Kauf. "Jesusskins Sektion - Hamburg" T-Shirts haben wir auch gemacht, die gabs dann nur für die Hamburger. Warum dieses Nazareth jetzt überall auftaucht und sogar auf der Seite unserer LP steht ist uns unbegreiflich. Hat sich irgendwie verselbstständigt.

Woher nehmt Ihr die Ideen für Eure Texte? Hattet Ihr schonmal daran gedacht, ganz normale Kirchenlieder in Eurer Musik zu vertonen?
Die Ideen kommen aus dem täglichen Leben. Was man sich so als christlicher Skinhead jeden zweiten Tag anhören muss taucht ja oft in unserer Texten auf. Und saufen beim Fussball. Über das Vertonen kirchlicher Musik haben wir zwar nachgedacht, uns dann aber dagegen entschieden. Wir schreiben lieber eigene texte und klauen uns die Melodien zusammen.

Ist in nächster Zeit eine neue Platte in Aussicht?
Das ist noch nicht ganz sicher. Wir haben diverse Pläne (Coverversionen von Deutschpunkliedern mit christlicheren Texten) aber was daraus wird, mal sehen...

Auf Euren Konzerten sind ja hauptsächlich Skinheads und Punks. Sind auch "normale" Leute bei Euch willkommen???

Bei uns ist so ziemlich jeder willkommen. Aus welchem Grund auch immer man sich auf einem unserer Konzerte blicken lässt, ausser über Nazis und Leute die Ärger machen wollen, freuen wir uns über jeden.

Mal eine ganz dumme Frage: Jesus hatte lange Haare und Sandalen an. War er ein Hippie?
Dumme Frage, ja. Wie Jesus aussah weiss man heutzutage nicht, das spielt auch eigentlich keine Rolle. Ein Hippie war er bestimmt nicht, wobei viele Hippies so aussehen als eiferten sie einem bestimmten Jesusbild optisch nach.

Wie reagieren denn die anderen Christen, wenn sie Euch z.B. in der Kirche sehen? Ist ja nicht gerade ein alltägliches Bild.
Toleranter als viele Skins und Punks. Wobei wir auch nicht als Haufen randalierender Skinheads besoffen in der Kirche einfallen und uns daneben benehmen. Die meisten Christen freuen sich über jeden jungen Menschen, der in die Kirche geht. Manchmal wird man für 'nen Fascho gehalten und deshalb angesprochen, aber wenn bald das geklärt ist gibt's keine Probleme.

Würdet Ihr auch in einer Kirche während einer Messfeier auftreten?
Wir hatten schon Anfragen in Kirchen zu spielen (allerdings weniger von Katholiken, von wegen Messfeier), haben uns aber dagegen entschieden. Ein Gottesdient ist eben etwas heiliges und wir ganz bestimmt nicht. Oi! passt nicht wirklich in die Kirche und die Musik irgendwie entschärfen, akustisch spielen oder was weiss ich - das ist nun wirklich Hippiekram. Atom and his Package widerum spielt Bar Mitzwah Feiern. Vielleicht sollten wir mal im Anschluss an eine Konfirmation im Partykeller des Konfirmanden spielen. Anderseits sind Konfirmanden noch arg jung, das gibt bloß Ärger mit der Familie.

Gab es schonmal Anfeindungen wegen Eures Glaubens?
Ja, andauernd. Von Skins, die sagen wir machen den Kult kaputt, von Punk, die Slime zitieren, von Christen, die sagen wir wären eine Schande für ihre Religion, von Nazis, die auf irgendwelche heidnischen Verliererreligionen abfahren, such dir was aus.

Das Ihr Satanisten nicht besonders abkönnt kann man Euren Texten ja entnehmen. Aber was haltet Ihr von den Moslems, Hindus und anderen Religionen? Manche Christen sind ja auf sowas auch nicht besonders gut zu sprechen.
Uns ist jeder gläubige Jude, Moslem, Buddhist, Hindu, Taoist (...) lieber, als die ganzen oberflächlichen Vollidioten, die von nichts eine Ahnung haben, aber zu allem eine Meinung und 90% der Bevölkerung dieses Landes stellen. Religion macht schlau, sozusagen. Gibt aber auch schlaue Atheisten.

"SkinHeads Against Religious Prejudice" ist eine Organisation, die von Euch gegründet wurde. Wieviele Mitglieder hat sie mittlerweile?
Ein häufiges Missverständnis. Wir haben SHARP gar nicht gegründet. Und wieviele Mitglieder die heute haben kann ich dir auch nicht sagen. Lukas hat nur mal deren Selbstdarstellung zusammengebastelt und auf unsere Webseite gepackt.

Vielen Dank für das Interview und die letzten Worte überlasse ich Euch.
Moin, moin und 77! Schönen Gruss aus Hamburg senden die Jesusskins in die unendlichen Weiten. Macht euch ein schönes Leben und kommt auf unsere Konzerte! Danke für´s interviewen!